Dreifaltigkeitssonntag - Lesejahr C

30. 05. 2010

Evangelium nach Johannes (16,12-15):

Und Jesus sprach zu seinen Jüngern:

Ich hätte euch noch vieles zu sagen, doch das würde euch jetzt über-fordern. Aber wenn der Helfer kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch anleiten, in der vollen Wahrheit zu leben. Was er euch sagen wird, hat er nicht von sich selbst, sondern er wird euch nur sagen, was er hört. Er wird euch jeweils vorbereiten auf das, was auf euch zukommt. Er wird meine Herrlichkeit sichtbar machen; denn was er an euch wei-tergibt, hat er von mir.

Alles, was der Vater hat, gehört auch mir. Darum habe ich gesagt: Was der Geist an euch weitergibt, hat er von mir.«

Gedanken zum Evangelium

An welchen Gott glauben wir? Wer ist dieser Gott, an den wir glauben? Welche Vorstellungen haben wir von ihm? Welche Erfahrungen haben wir schon mit ihm in unserem Leben gemacht? Uralte Fragen, mit denen Menschen aller Zeiten und aller Kulturen sich auseinandergesetzt haben und es immer noch tun.

Das ist es gerade, was Bibellesen so spannend macht. Hier finden wir eine Vielzahl von Gotteserfahrungen und Gottesbildern. In jedem Buch der Bibel stellt jeder Autor sich seine eigenen Fragen bezüglich des Wirkens Gottes und entwirft jeweils ein eigenes Gottesbild. Alle Bücher der Bibel kreisen um das große Geheimnis Gottes. Ab und zu wundert man sich, wie bestimmte Texte über Gott zur "Heiligen Schrift" werden konnten. Innerhalb der Bibel gibt es ja eine Entwicklung der Gottesvorstellungen, je nachdem, wie alt ein biblisches Buch ist. Es ist die Rede von einem gerechten und von einem strafenden Gott, von einem Gott, der eifersüchtig, rächend und liebevoll ist. All dies sind niedergeschriebene Erfahrungen von Menschen aller Zeiten, die ihre Erfahrungen mit Gott gemacht haben. Deswegen ist die Bibel für uns so wichtig, weil wir aus den Erfahrungen all dieser Menschen etwas lernen können. Wir glauben ja nicht an irgend einen Gott, sondern an den Gott der Bibel, und gerade dadurch unterscheiden wir uns oft von vielen anderen Menschen, die von sich sagen, dass sie an Gott glauben. Glauben schaut ja immer anders aus, je nachdem an welchen Gott wir glauben. Wie wir uns Gott vorstellen ist sogar stark mitbestimmend, wie wir uns selbst als Mensch verstehen.

Es ist zunächst einmal ein großer Unterschied, ob Gott für mich ein „Irgend-Etwas“ ist, ein unbestimmtes Wesen, von dem ich nicht viel sagen kann, das dann auch ziemlich abstrakt, weit weg von mir und meinem Leben ist. Oder dieser Gott ist wie eine Person: Ein Du, das mich anspricht, mich herausfordert, und das auch ich ansprechen, zu dem ich eine Beziehung haben kann. Gerade von so einem Gott spricht die Bibel.

Wie unterschiedlich die Gottesbilder in der Bibel auch sind – und jedes Sprechen von Gott besteht aus menschlichen Bildern -, grundsätzlich gibt es drei Grunderfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben und machen:

  • Gott ist Ursprung aller Wesen und aller Dinge. Er ist der Schöpfer, der sich wie ein liebender Vater um uns sorgt. Ihm verdanken wir unser Sein, unser Leben, unsere Welt. Über ihn können wir nur staunen, ihn können wir nur loben und preisen. Gott, überwältigend, hoch erhaben, ein „Gottüberuns“ und uns doch nah. Gott, unser Vater!
  • Dieser Gott-Vater hat sich in der Geschichte der Menschheit immer wieder bemerkbar gemacht, aber irgendwann ganz besonders deutlich im Menschen Jesus von Nazareth. In Jesus hat Gott menschlich gesprochen, sich mitgeteilt. Gott hat in Jesus für uns sozusagen ein menschlich-nahes Gesicht bekommen. Und warum? Weil dieser Jesus eine so einmalige Beziehung zu Gott hatte, so intensiv mit Gott verbunden, so eins mit ihm war, dass man diese Beziehung mit einer allerdings orientalisch verstandenen Vater-Sohn-Beziehung vergleichen kann. Hier ist der Vater die absolute Autorität. Der Sohn unterwirft sich ganz dem Willen des Vaters, er verwirklicht, was der Vater will und spricht in seinem Namen. Und in diesem Sohn erfahren wir, dass Gott ein „Gott mit uns“ ist, der uns bedingungslos annimmt. Jesus hat uns gezeigt, was es heißt „Sohn“, „Kind Gottes“ zu sein.
  • Aber das war nicht ein einmaliger, historischer Schritt Gottes auf uns zu. Gott wirkt immer weiter, mit seiner Lebenskraft, mit seinem Lebensatem, mit seinem Geist und zwar in uns. Gott ist nicht nur ein „Gottüberuns“ und ein „Gottmituns“, sondern wir können ihn erfahren als den „Gottinuns“, in der Tiefe unseres Gewissens und unseres Herzens. Hier wirkt seine treibende Kraft, sein Geist.

So ist Gott grundsätzlich auf dreifaltige Art für uns erfahrbar, ein dreifaltiger Gott. Das ist der Gott der Bibel, an den wir glauben, mit dem wir leben können, der uns hoffen lässt und uns Zukunft gibt. Mit so einem Gott ist es gut und schön, Mensch zu sein.

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