1. Advent - Lesejahr A

28. 11. 2010

Evangelium nach Mt (24,37-44)

Wenn der Menschensohn kommt, wird es sein wie zur Zeit Noachs. Damals vor der großen Flut aßen die Menschen und tranken und heirateten, wie sie es gewohnt waren – bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging. Sie begriffen nicht, was ihnen drohte, bis dann die Flut hereinbrach und sie alle wegschwemmte.

So wird es auch sein, wenn der Menschensohn kommt. Zwei Männer werden dann zusammen auf dem Feld arbeiten: Der eine wird angenommen, der andere zurückgelassen. Zwei Frauen werden zusammen Korn mahlen: Die eine wird angenommen, die andere zurückgelassen. Darum seid wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommen wird.

Macht euch doch das eine klar: Wenn ein Hausherr im Voraus wüsste, zu welcher Nachtstunde der Dieb kommt, würde er aufbleiben und den Einbruch verhindern. Darum seid jederzeit bereit; denn der Menschensohn wird zu einer Stunde kommen, wenn ihr es nicht erwartet.«

Gedanken zum Evangelium

Die Geschichte von Noah mit seiner Arche hat mir immer schon imponiert, nicht nur als Kind. Im Laufe der Jahre lernt man sie auch anders verstehen. Hier geht es, so wie in der ganzen Bibel, um wesentliche und zeitlos gültige Aussagen über unser Menschsein, über die entscheidenden Werte und Fundamente unseres Lebens.

„Es ist wie zur Zeit Noahs… Die Menschen aßen und tranken und heirateten…“ Sie sind keine Bösewichte oder Kriminelle. Sie leben ganz normal. Es geht ihnen darum, genug zu essen und zu trinken zu haben und ein bisschen Spaß dazu. Brot und Spiele!

Diese Geschichte passt auch gut in unsere Zeit. Viele Menschen machen sich über die grundlegenden Fragen ihrer Existenz keine tiefgehenden Gedanken. Sie leben in den Tag hinein und wiegen sich in falschen Sicherheiten. Sie klammern sich ans Geld, das über Nacht seinen Wert verlieren kann. Sie bauen auf Besitz und Reichtum, der von heute auf morgen zerstört oder geraubt werden kann. Sie setzen auf Ansehen und sozialen Status, auf Prestige und Macht und denken nicht daran, dass ihnen dies alles genommen werden kann. Sie verlassen sich auf Lebensgewohnheiten, die sich jederzeit gänzlich ändern können. Sie rechnen mit ihrer Gesundheit, die unerwartet schnell zerbrechen kann. Sie halten sich fest an ihren irdischen Paradiesen und vergessen, dass diese nur Freude und Glück von kurzer Dauer bieten. Kurzum: Sie ver-trauen auf vergängliche Dinge, die keine tragfähigen und dauer-haften Grundfesten für das Leben sein können. Diese kleine, pri-vate Welt geht einmal unter!

„Es ist Zeit für euch, aus dem Schlaf aufzuwachen“ sagt Paulus in der heutigen 1. Lesung. Mit diesen Worten sagt er genau das Gleiche, wie die Erzählung von Noah. Wie die Zeitgenossen des Noah in Gottvergessenheit buchstäblich untergingen, so sind die Men-schen auch heute in Gefahr, das Wesentliche in ihrem Leben nicht wahrzunehmen. Der Alltag nimmt die Menschen in Beschlag und die leben in der Illusion, dass das das ganze Leben ist.

Das Evangelium des heutigen Sonntgs ist eine Predigt gegen das Vergessen, das Vergessen auf Gott. Von Natur aus neigen wir dazu, – oft in der Hektik des Alltags, in den alltäglichen Sorgen, Nöten und Freuden - Gott aus dem Auge zu verlieren, nicht mehr an ihn zu denken, so zu leben, als ob es ihn nicht gibt.

Menschen bleiben immer gleich. Vor 900 Jahren hat einer ge-schrieben: „Auf, du kleiner Mensch, flieh ein wenig die Geschäftigkeit! Verstecke dich eine kleine Weile vor deinen lauten Gedanken! Wirf die Sorgen ab, die auf dir lasten, und nimm Abstand von dem, was dich zerstreut! Gönne dir Zeit für Gott und ruhe in ihm…“

Um hellhörig für den Ruf Gottes sein zu können, brauchen wir Zeiten der Stille und Besinnung: Gott kommt nicht am Ende der Zeiten, sondern jederzeit auf uns zu. Es ist Advent: Gott ist im Kommen. Gott kommt heran. Er will in deinem Leben eine Rolle spielen, viel mehr Platz haben, als das bis jetzt der Fall war. Gott klopft an der Tür deines Herzens an. Überhöre ihn nicht! Sei wachsam!

Wachsam sein: Das kann so viel bedeuten wie „bewusst christlich leben“. Mein Leben so leben, dass es nicht nur an irdischen Auf-gaben und Zielen orientiert ist, die zwar schön sein können, aber nicht das Wichtigste sind. Wir haben unser Leben empfangen als eine Aufgabe im Dienst Gottes. Er spricht uns an in Situationen und Begegnungen, wo wir persönlich gefordert sind und wo wir unserer Verantwortung ihm gegenüber bewusst sind. Sei wachsam, damit du das nicht vergisst. Gott ist in deinem Leben im Kommen. Verpasse ihn nicht. Sei wachsam. Öffne ihm die Tür, mache es ihm möglich, bei dir anzukommen. Es ist Advent!

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