OSTERNACHT

Die Wirklichkeit ist immer größer und tiefer als wir sie mit unseren Begriffen erfassen und ausdrücken können. Wir müssen uns daher mit Bildern behelfen, die zwar immer unvollkommen sind, aber doch den Vorteil haben, dass sie nicht nur unseren Verstand, sondern auch unsere Gefühle berühren und deswegen tiefer greifen. Das ist auch so, wenn wir über die Bedeutung von Ostern für uns Christen reden. Ostern bringt unsere sprachliche Ausdruckskraft an ihre Grenzen.

Im 1 Kor 15,14 sagt Paulus: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos“. Tatsächlich: Dann war Jesus eine religiöse Persönlichkeit, die gescheitert ist; die zwar auch in ihrem Scheitern groß bleibt, uns zum Nachdenken zwingen kann. Aber er bleibt dann im rein Menschlichen. Er ist kein Maßstab mehr. Er ist dann einer der vielen Großen, die in der Geschichte aufgetreten sind, aber zur Vergangenheit gehören. Und das bedeutet: Dann sind wir alleingelassen. Dann stünde ja tatsächlich am Ende unseres Lebens eine Niederlage. Der sichere, endgültige Tod.

Nur wenn Jesus von Gott auferweckt wurde, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und unsere Situation verändert. Dann hat Gott sich wirklich gezeigt. Dann hat Gott wirklich das letzte Wort und nicht der Tod. Dann hat unser jetziges Leben – egal wie es verläuft – eine Zukunft.

Der Osterglaube ist der heiße Kern des Christentums. Bei allen Fragen, die uns natürlich immer wieder beschäftigen, die wir auch zulassen dürfen – bleibt der Glaube an die Auferstehung das Fundament. Das sagt unsere Vernunft.

Aber die Vernunft allein ist noch nicht überzeugend. Deswegen verwendet Paulus (1. Lesung) das Bild von einem Samenkorn das wir aussähen: Es muss zuerst sterben, damit neues Leben, die Pflanze, entstehen kann. Und Paulus fügt hinzu: „So könnt ihr euch auch ein Bild von der Auferstehung der Toten machen. Was in die Erde gelegt wird, ist vergänglich; aber was zum neuen Leben erweckt wird, ist unvergänglich.“ Ein Bild aus dem Leben der Natur.

So sagt auch ein Lehrer zu seinen Schülern: „Ich weiß, dass kein Vergleich und kein Bild, seien sie noch so gut, annähernd erklären können, wie der Mensch sich die Auferstehung von den Toten vorstellen muss. Dennoch will ich es versuchen und bringe zur nächsten Stunde einen kleinen Ast mit. Wir stellen den Ast in eine Vase auf die Fensterbank. Noch ist der Ast kahl. Es sind auch noch keine Knospen an ihm zu entdecken. Wie tot steht er in der Vase da. Die Tage werden wärmer. Die Temperaturen steigen und die Sonne scheint bisweilen heftig ins Klassenzimmer. Es dauert nicht lange und der Ast fängt zu leben an. Was zuvor wie erstarrt und tot angemutet hat, wird auf einmal mit Leben erfüllt: Knospen bilden sich aus. Es dauert nicht lange und die Knospen springen auf. „Das ist wie Auferstehung!“ stellt ein Schüler fest. „Der Ast war tot. Jetzt blüht er.“

Gibt es eigentlich ein schöneres Bild, um anzudeuten, was Gott mit dem Leben des Menschen vorhat und wozu der Mensch von Gott berufen ist? Gott will, dass der Mensch lebe! Gott will, dass der Mensch aufblühe!

Deswegen sagt Jesus auch: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt – Wer an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“ Ich werde leben! Wie mein jetziges Leben auch verläuft, wie aussichtslos es oft erscheinen mag … es wird gut ausgehen. Ich werde endgültig leben. Ostern ist das Fest der Lebensfreude, der Dankbarkeit. Gesegnetes Osterfest. Frohe Ostern!

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