29. Sonntag im Jahreskreis

Sonntag der Weltkirche - Missionssonntag

Gedanken zur Weltkirche

Sonntag der Weltmission. Sonntag der Weltkirche... Ist das nicht ein Anlass, über „die Kirche“, das Christentum, den christlichen Glauben heute nachzudenken?

Zunächst einmal über die erstaunliche Tatsache, dass aus einer winzig kleinen Bewegung, in einem winzig kleinen Land, von einem Mann aus Nazareth, dessen Leben gescheitert war, und unter grausamer Folter getötet wurde …. eine Weltbewegung, das Christentum ausgegangen ist? „Geht hinaus in die Welt, macht die Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie....“ In einem Prozess von einigen Jahrhunderten ist das war geworden. Diese Kirche von Jesus Christus, diese christliche Kirche ist eine Weltkirche geworden und immer noch die größte aller Religionen. Und wir gehören dazu. Viele Christen, besonders in Europa, müssten sich öfters daran erinnern, damit ihr christliches Selbstbewusstsein ein wenig mehr aufgebaut wird.

Andererseits hat dieses Christentum, diese Weltkirche, ihre großen Probleme, die immer anders ausschauen, je nachdem, in welchem Teil der Welt sie sich befindet. Probleme, die viele Ursachen haben, die teilweise von außen kommen und teilweise selbstverschuldet sind. So tauchen hier in Europa immer mehr Fragen auf, wie: „Schafft sich die katholische Kirche ab?“ Ist sie unfähig ihre Probleme zu lösen, so dass immer mehr Menschen ihr den Rücken zukehren?

Es stellt sich immer mehr heraus, dass wir es hauptsächlich mit einem „Kulturchristentum“ statt mit einem „Glaubenschristentum“ zu tun haben. Der christliche Glaube ist für viele nicht eine persönliche, tief im Herzen verwurzelte Lebensüberzeugung, sondern er besteht aus einer Reihe von kulturellen Bräuchen und Gewohnheiten, die „nun einmal dazugehören“, also allgemeines Kulturgut sind: Man lässt sein Kind taufen, man lässt sich firmen, man heiratet kirchlich und lässt sich kirchlich begraben. Man feiert Weihnachten. Man feiert Prozessionen und Hochämter mit Haydn- und Schubertmessen in großem Stil, mit großen Chören und Orchestern. Aber in wesentlichen Punkten – wie z.B. die Auferstehung, von der Paulus sagt, das mit ihr alles steht und fällt, - macht man nicht mit. Sind all diese Kulturveranstaltungen auch Glaubensereignisse? Sind die Weltjugendtage mit Millionen Jugendlichen, nur ein Nachahmen der Massenveranstaltungen in dieser Welt, große Events, ohne Tiefgang?

Tatsache aber ist, dass dieses Kulturchristentum hier in Europa abbröckelt: Es werden immer weniger Kinder getauft, immer weniger Jugendliche lassen sich firmen, es gibt immer weniger kirchliche Hochzeiten und Begräbnisse. Hängt das nicht auch damit zusammen, dass „religiöse Erziehung“ stark vernachlässigt wird, oder sogar nicht mehr stattfindet? Die Zeiten, wo wenigstens die Oma noch die christliche Erziehung der Enkelkinder übernahm, sind vorbei. Viele jetzige Omas sind selbst schon zu weit von Kirche und christlichem Glauben entfernt. Kinder wachsen ohne Gott auf. Unsere Gesellschaft ist eine gott-lose Gesellschaft geworden, in der Gott nicht mehr zur Sprache gebracht, nicht mehr gebraucht wird. Es geht alles auch ohne Gott. Man ist Gott „los“ geworden. Haben wir es im Grunde genommen nicht mit einer tiefen „Gotteskrise“ zu tun?

Die Kirche – und hier meine ich die Amtskirche – hat das teilweise noch nicht verstanden und spricht oft eine Sprache, die nicht mehr verstanden wird: In Gottesdiensten, in Hirtenbriefen, in offiziellen Auftritten, wird eine abgehobene, teils geschwollene Sprache gesprochen, die nicht mehr verstanden wird, die Menschen nicht berührt, nichts mehr sagt. Es genügt nicht, alte Glaubensformeln immer wieder lediglich zu wiederholen. Sie müssen auch verständlich gemacht werden.

Dazu kommt ein Vertrauensverlust durch Missbrauchsskandale, von den Medien dankbar „aufgearbeitet“. Dazu kommt eine Kirchenpolitik, für die, bei einer Bischofsernennung, vor allem Linientreue gegenüber Rom entscheidend ist, und nicht eine starke, charismatische Führungs-persönlichkeit. Dazu kommt dieser so genannte „Reformstau“. Man beschränkt sich auf Strukturerneuerungen. Ist es aber wirklich eine Lösung, Pfarren zusammenzulegen? Schafft das nicht nur mehr Zentralisierung, Bürokratisierung, Distanz, Kühle? Sind andererseits aber die oft geforderten neuen Zulassungsbedingen zum Priesteramt eine Lösung? In der evangelischen Kirche sind viele von diesen Reformen schon längst durchgeführt, aber ihr geht es nicht besser, sondern erheblich schlechter als der katholischen Kirche.

Wir gehören zu einer Weltkirche. Trotz aller Probleme gibt es an der Basis immer noch lebendige Gemeinden, die oft erstaunliches leisten – auch wenn sie kleiner und älter werden. Es darf ruhig einiges an Kulturchristentum dazu gehören. Entscheidend für die Zukunft ist aber, ob die Mitglieder dieser Gemeinden in einer tieferen Verbundenheit mit Gott und mit Jesus leben. Ob die Botschaft von Jesus Christus über das Reich Gottes bei uns ankommt, uns erfüllt und begeistert und ob wir das in Wort und Tat zeigen. Die Christen haben im Laufe ihrer zweitausendjährigen Geschichte schon viele Krisen überstanden. Gott hat sich immer wieder durchgesetzt.

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