FEST EPIPHANIE
6. Januar 2016

 

Evangelium nach Matthäus (2,1-12)

 

Gedanken zum Fest

 

„Auf der ganzen Erde liegt Finsternis, die Völker tappen im Dunkeln“. Sind diese Worte des Propheten Jesaja Schwarzmalerei? Oder beschreiben sie die Situation unserer Welt ganz genau? Es ist nicht sehr ermutigend, was die Medien uns jeden Tag über die Ereignisse in der Welt erzählen: Krieg, Völkermord, Machtkämpfe, Terror, Menschenrechtsverletzungen, Armut, Ausbeutung, Hungersnot … Tappen die Völker im Dunkeln? Brauchen sie nicht ein wegweisendes Licht in ihrer Dunkelheit? Brauchen sie nicht Gott? Aber welchen Gott? Viele verüben sogar Selbstmordattentate im Namen Gottes. Im Namen Gottes geschieht viel Unrecht, Gewalt. Wird da nicht an einen falschen Gott geglaubt? Sind das nicht falsche Vorstellungen von Gott, die Menschen sich selbst zusammengereimt haben?

 

Der Prophet Jesaja (aus dem 6. Jh v. Chr.) hat einen Traum, eine Vision: Die Völker werden den wahren Gott suchen, der sich im Tempel, im religiösen Zentrum von Jerusalem befindet. Sie werden dorthin pilgern, um ihn anzubeten.

 

Diese Vision greift nun der Evangelist Matthäus in seiner Erzählung von den Sterndeutern, von den Weisen aus dem Osten, auf. Sie sind die Repräsentanten, Symbolfiguren für die Völker der Erde, die auf der Suche sind nach Licht, nach einer Antwort für ihre Lebensfragen und Lebensprobleme. Sie machen sich auf den Weg, suchend und fragend.

 

Die Glaubensüberzeugung von Matthäus ist klar: Die Antwort, das Licht in der Dunkelheit, ist Jesus von Nazareth. Er ist der Stern, der sie zum wahren Gott führt. Voll Dankbarkeit, die sie mit reichlichen Geschenken zum Ausdruck bringen, weil sie jetzt nicht mehr im Dunkeln tappen, kehren sie befreit nach Hause zurück. Das ist die tiefe Bedeutung, die Botschaft, die in der Erzählung der Weisen aus dem Osten steckt.

 

Hat diese biblische Glaubensbotschaft für uns persönlich Bedeutung? Tappen nicht auch wir oft im Dunkel? Wir sind im Leben unterwegs, suchend und fragend (wie es das Lied sagt, das wir am Anfang gesungen haben). Unser Herz ist manchmal unruhig. Es findet im Alltäglichen keine letzte Befriedigung. Es muss doch zwischen Himmel und Erde mehr geben als das, was wir so vordergründig und oberflächlich im Alltagsleben erfahren! Das kann doch nicht alles sein!

 

Sicher nicht, wenn es negative und leidvolle Erfahrungen sind. Aber auch Glückserfahrungen sind nur von kurzer Dauer und rufen in uns das tiefe Verlangen, diese Sehnsucht, nach „mehr“ hervor. Ist das schlussendlich nicht eine Sehnsucht nach Gott? „Unruhig ist unser Herz, bis es Erfüllung findet in dir, mein Gott“, hat schon der große christliche Denker Augustinus im 5. Jh. gesagt.

 

Wir sind unterwegs. Wir sehnen uns nach Sinn, nach Liebe, nach Angenommen-Sein. Es ist ein sehnsüchtiges Suchen, das letztlich nur Gott befriedigen kann. Er ist uns entgegen gekommen. Wir können uns an Jesus halten. Er erleuchtet unseren Weg zu Gott. Er ist unser Stern.

 

So feiern wir heute das Fest aller Menschen, die auf der Suche nach Gott sind, und wir feiern Gott, der sich von uns finden lassen will. Es ist das Fest Epiphanie, „Erscheinung des Herrn“: Gott ist erschienen, ist uns, den Suchenden, entgegen gekommen. Für die christlichen Kirchen im Osten ist es das Weihnachtsfest.

 

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