CHRISTTAG

 

Johannes Tauler, ein deutscher Mystiker, hat einmal gesagt: „Denn Gott ist nichts von alledem, was du von ihm aussagen kannst. Er ist jenseits aller menschlichen Vorstellung von Form, Wesen oder Gut.“ Das heißt also: Niemand kann sich ausdenken, wer Gott ist. Dass Gott existiert, mag man an der Schöpfung erkennen, aber wer und wie er ist, nicht.

Wir können über Gott nur in Bildern, in Metaphern sprechen. So hat es auch der Evangelist Johannes in seinem berühmten Prolog gemacht. „Im Anfang war das Wort. Das Wort war Gott.“ Was ist aber ein „Wort“?

In jeder Eucharistiefeier sagen wir vor der Kommunion: „... und sprich nur ein Wort, so wird meine Seele (ich also) gesund.“ Gott ist also eine geistige, vernünftige, schöpferische, d.h. Leben schaffende Kraft und Wirklichkeit. In der Schöpfungserzählung wird auch gesagt: „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht“ - Gott schafft Wirklichkeit. Sein Wort bewirkt, was er will. Das klingt aber alles sehr abstrakt und unpersönlich. Kann ich zu so einem Wesen eine persönliche Beziehung haben?

Dieser Gott ist uns nun zu Hilfe gekommen. Er hat sich geäußert, hat sich uns zugewandt auf eine menschliche Art, in einer menschlichen Sprache, so dass wir ihn besser verstehen können. In Jesus von Nazareth teilt Gott sich selbst mit. Gott hat gesprochen in und durch Jesus von Nazareth. Deswegen nennen wir diesen Jesus „Wort Gottes“. Jesus zeigt uns - durch seine Worte und Taten - das wahre Wesen Gottes: Liebe, Güte, Barmherzigkeit. Durch Jesus bekommt Gott ein menschliches Gesicht. „Wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat“ (Joh 12,45). Jesus ist „Abbild“ oder „Ebenbild“ des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15).

Wir können also sagen: Wer sich auf Jesus einlässt, auf sein Leben, sein Wirken, seine Gesinnung, bekommt es mit Gott zu tun. Alles, was wir mit Recht von Gott erwarten, ist in Jesus zu finden. Wir müssen uns immer wieder in das Leben, Sprechen, Handeln, Leiden und Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt. In Jesus hat der lebendige, persönliche Gott den Menschen angesprochen. Und der Name „Jesus“ besagt, worin Gottes Solidarität besteht: „Gott rettet“.

Das ist das Weihnachtsgeschehen, wie der Evangelist Johannes es versteht und darbringt - anders als z.B. der Evangelist Lukas mit seiner Erzählung, die wir in der Weihnachtsnacht gehört haben, in einer volkstümlichen Sprache mit Stall, Krippe und mit Hirten. Aber im Grunde genommen sagen beide das Gleiche. Nur verwendet Johannes eher hochgeistige Worte und Formulierungen, die die tiefe Bedeutung von Jesus für uns zum Ausdruck bringen wollen.

Doch Johannes bleibt realistisch: Jesus ist wie ein Licht Gottes in der Welt aufgetreten, aber die Welt, die Menschen, haben das nicht erkannt. Sie nehmen Jesus nicht auf. Alle aber, die das schon tun und an Jesus glauben, werden „Kinder Gottes“, gehören zu Gott, dürfen ihn - wie Jesus gesagt hat - Vater nennen, unser Vater. Wir dürfen also in einer ganz persönlichen und tiefen Beziehung zu diesem Gott leben, der sich mitgeteilt, gesprochen hat, sich uns liebevoll zugewendet hat und auf den wir vertrauen können, bei dem wir uns geborgen fühlen können und dürfen.

Ich brauche also Jesus, um zu Gott finden zu können. Sonst bleibt Gott unendlich weit weg, eine unbekannte, vielleicht Angst einflößende, unpersönliche Macht, von der ich nicht weiß, ob sie mir wohlgesinnt ist oder der ich total unbedeutend und egal bin. Das zu verstehen, das nachzuempfinden und sich dadurch glücklich zu fühlen... das ist „Weihnachten pur“. Das ist ein Segen. Gesegnete Weihnachten.

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