11. SONNTAG im Jahreskreis

„Als Jesus die vielen Menschen sah, ergriff ihn das Mitleid, denn sie waren so hilflos und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Ist das nicht auch unser Eindruck, wenn wir uns täglich die Nachrichten anschauen? Wie geht es da zu in unserer Welt? Kriege, Zerstörungen, Machtkämpfe, Hunger, Flucht, Armut, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit... Und dazu kommen oft belastende persönliche Schicksalsschläge, Krankheiten und so weiter. Menschen, die müde, erschöpft sind, gestresst und gehetzt, oft keine Zukunftsperspektive haben, orientierungslos sind. Menschen, wie Schafe, die keinen Hirten haben?

Ja, natürlich, es gibt in unserer Gesellschaft auch viele Stimmen, die uns sagen wollen, was wir tun, wie wir leben sollen, damit es uns gut geht. Können wir ihnen unser Vertrauen schenken? Meinen sie es wirklich gut mit uns? Oder geht es ihnen nur um ihre eigenen Interessen und Vorteile? Andererseits: Bin ich wirklich fähig, auf mich allein gestellt, zu entdecken und zu entscheiden was ich tun soll, damit mein Leben halbwegs gelingen kann? Und was heißt dann „gelingen“? Was ist das Leben? Wozu lebe ich?“ Ein Wissenschaftler hat einmal gesagt: „Wir wissen, was wir können. Aber wir wissen nicht mehr, was wir sollen!“

Und da gibt es diesen Jesus, der in seiner Bergpredigt sagt: „Glücklich, ihr Armen, Kranken, Trauernden, Hungernden, Dürstenden, Verfolgten, Auf-die-Seite-Geschobenen, Wehrlosen... denn ihr seid wertvoll, weil ihr von Gott geliebt seid. Ihr seid Söhne und Töchter von Gott, auch wenn Menschen euch links liegen lassen, euch übergehen und vergessen.“ Es ist bekannt, dass am Anfang des Christentums gerade solche Menschen zu Christen wurden. Gerade sie fühlten sich von diesem Gott-der-Hoffnung angesprochen.

'Jetzt wird Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden!', sagt Jesus. Er ist es, der euch Orientierung und Halt in eurem Leben gibt. Was ist euer Leben ohne ihn? Was ist mein Leben ohne Gott?

Jesus hat Menschen um sich gesammelt, und sie haben gesehen und erfahren, wie er gelebt, gesprochen und gehandelt hat. Und er gibt ihnen den Auftrag, seine Lebensweise zu übernehmen. Es waren keine besonderen Leute, mit besonderen Begabungen, keine gebildeten Leute, sondern Menschen, die mitten im Leben standen, hart arbeiten mussten, Fischer, Arbeiter. Menschen auch mit total verschiedenen Charakteren. Da war ein Petrus, der oft ein großes Mundwerk hatte, aber als es darauf ankam, als es gefährlich wurde, einfach sagte: „Ich kenne diesen Mann nicht.“ Sogar einer von diesen gehassten Zollbeamten, Matthäus, gehörte zu seinen Anhängern. Auch ein Simon, der zu einer damaligen Untergrundbewegung, den Zeloten, gehört hatte. Und ein Judas, der Jesus schließlich ausliefern wird. Was für eine Gesellschaft!

Und gerade diesen Menschen sagt Jesus, sie sollen zu den Menschen über diesen Gott, von dem Jesus immer geredet hat, reden. Und all dies ohne Vergütung, ohne dafür bezahlt zu werden: „Umsonst habt ihr alles bekommen, umsonst sollt ihr es weitergeben. Diese Haltung bedingungsloser Zuwendung zu den Menschen erwartet Jesus von seinen Jüngern, denn es ist die Haltung Gottes.

Gott wirkt in und durch uns, indem wir so leben, wie Jesus, mit seiner Lebens- und Glaubenseinstellung. So verwirklicht Gott sein Reich in dieser Welt. Als Christen stehen wir in seinem Dienst, sind wir seine Mitarbeiter. Ob wir uns dessen genügend bewusst sind? Dann sind wir nicht mehr die hilflosen und erschöpften Schafe, die keinen Hirten haben.

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