16. SONNTAG im Jahreskreis

In Jesu Predigt bedeutet „Himmelreich" dasselbe wie „Gottesreich" und „Gottesherrschaft" (Herrschen Gottes). Für Jesus und das Volk Israel zu seiner Zeit hat Gott die Welt nicht nur am Anfang erschaffen. Er wirkt weiterhin in ihr, aber anders als wir es viell eicht erwarten.

Das will Jesus nun deutlich machen durch ein Gleichnis. Das Bild des Sämanns deutet an: Gott schafft nicht alles auf einmal; er greift nicht so in das Leben ein, dass sein Werk sofort vollendet ist. Die schon Milliarden Jahre dauernden Evolution lässt uns immer wieder von neuem darüber staunen und mit der Bibel auf das endgültige Kommen Gottes in Geduld warten. Wie ein Sämann sät er die gute Saat. Diese braucht dann Zeit, um zu wachsen und zu reifen. Wir dürfen uns deshalb nicht wundern, wenn es bei uns und anderen noch so viel Unreifes und Unvollkommenes gibt. Gott hat Zeit! Er hat Geduld!

Das Unkraut mitten unter der guten Saat ist in diesem Gleichnis ein Bild für das Böse in der Welt. Dieses stammt nicht von Gott, sondern nach Jesu Wort von einem „Feind", einem Widersacher Gottes. Wer oder was das ist, wird nicht gesagt. Jesus verweist in dem Gleichnis lediglich auf eine Macht in der Welt, ohne sie näher zu bestimmen. Sie ist in unserer Welt eine Realität, wie wir alle feststellen können.

Im Gleichnis wird das Böse mit „Unkraut“ gleichgesetzt, das zwischen dem Guten (dem Weizen) wächst und vielleicht zu ersticken droht. Wäre es nicht logisch das Unkraut sofort auszureißen?

Jetzt kommt das Überraschende: Der Gutsherr (Gott) sagt: „Lasst beides wachsen bis zur Ernte!" Gott meint: Überlasst es mir, endgültig zu entscheiden, was an Gutem und was am Bösem in einem Menschen steckt.

Wir sind oft sehr schnell in unserem Urteil über unsere Mitmenschen. Wir sehen an erster Stelle das Negative und übersehen das Gute, das auch in ihnen steckt. „Urteilt nicht, damit ihr nicht geurteilt werdet. Verurteilt nicht, damit ihr nicht verurteilt werdet“ hat Jesus anderswo gesagt.

Natürlich sollen wir reagieren, wenn ein anderer unserer Meinung noch etwas Falsches, etwas „Böses“, sagt oder tut. Aber wir sollen da über die konkreten Worte oder Taten dieses Menschen urteilen, und nicht über den ganzen Menschen. Ein Mensch ist nicht „schlecht“ oder „böse“, wegen einzelne Taten. Auch ein guter Mensch tut ab und zu Dinge, die wir verurteilen sollen, aber deswegen nicht den ganzen Menschen. In jedem von uns steckt sowohl Weizen als Unkraut und es ist nicht immer möglich beide voneinander zu trennen. Überlassen wir das Gott.

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