26. SONNTAG im Jahreskreis

„Jesus spricht zu den Hohenpriestern und zu den Ältesten des Volkes“, wird da gesagt. Das heißt: zu den hohen religiösen Autoritäten von damals. Und denen erteilt Jesus wieder einmal eine Lektion. Das macht er, wie meistens, durch eine Erzählung. Diesmal von zwei Söhnen und ihrer Beziehung zu ihrem Vater. Beide bekommen eine Aufgabe. Der eine sagt „Ja, ja“ und tut nichts. Der andere mault zuerst nur, dann aber tut er doch, was der Vater von ihm verlangt.

Was will Jesus uns deutlich machen? Es reicht nicht im Vater Unser zu beten: "Dein Wille geschehe!" Es kommt darauf an, den Willen Gottes zu tun, sich für das Reich Gottes in dieser Welt einzusetzen. Es geht darum, im Weinberg zu arbeiten. Im Matthäusevangelium sagt Jesus auch: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters erfüllt.“ (Mt 7,21)

Jesus wirft der religiösen Obrigkeit vor, dass sie sich im Glauben zwar auskennen, zu den Glaubenswahrheiten und Vorschriften „Ja“ sagen, ihre täglichen Pflichtgebete sprechen, aber im konkreten Leben nicht praktizieren, was sie glauben. Sie beschäftigen sich Tag für Tag mit Religion, verrichten ihre Gebete, lesen sie die Heiligen Schriften. Aber was tun sie für das Reich Gottes? Sie schauten oft herablassend auf ihre Mitmenschen, wollten nur geehrt werden usw. Die Liebe zu ihren Mitmenschen, die Jesus genauso wichtig findet, wie die Liebe zu Gott, war oft nicht so groß. Glauben ist eine Lebenspraxis, eine Aktivität: Tun was Gott von uns erwartet.

Ich glaube an Gott und an Jesus. Ich bin Christ. Ich sage „Ja“ zu Gott. Ich gehe vielleicht jeden Sonntag in die Kirche, sage sogar täglich ein Gebet, lese vielleicht in der Bibel. Aber praktiziere ich das, was ich da feiere, bete und lese, in meinem Alltagsleben? Bin ich vielleicht eher wie der zweite Sohn – schnell begeistert, aber träge, wenn es um die Umsetzung geht? Bin ich wirklich bereit, die Ärmel hochzukrempeln und Gottes Willen – um das, was ich davon verstanden habe – zu tun? Ganz konkret. Auch, wenn es mich etwas kostet? Ist mein „Ja“ nicht oft ein „Ja, ja“ - ohne Taten?

Es kommt darauf an zu tun, was Gott von uns erwartet. Nur dann gehen wir in die richtige Richtung, egal wie wir sind. Jesus nimmt sogar die Menschen als Beispiel, die in den Augen der Hohenpriester und Ältesten zum „Abschaum der Gesellschaft“ gehören: Die „betrügerischen Zolleinnehmer, die mit der verhassten Besatzungsmacht zusammenarbeiten und die Dirnen“, die aber - auf die Worte von Johannes dem Täufer hin - ihr Leben geändert haben und jetzt im Sinne Gottes leben und handeln. Sie kommen eher in die neue Welt Gottes als ihr! Ein Schlag ins Gesicht der geistlichen Obrigkeit! Eine ungeheure Provokation.

Spüren wir den Anspruch, den Jesus hier an uns stellt? Handeln wir im Sinne Gottes?  Jesus lässt da nicht locker. Er erwartet von uns Wahrhaftigkeit: Tun, was wir glauben. Denken und handeln, Wort und Tat sollen bei uns übereinstimmen.

Glauben und Lebenspraxis haben oft nicht viel miteinander zu tun. Wir tun nicht immer, was wir glauben. Wir dürfen nicht vergessen: Glauben vollzieht sich in verschiedenen Schritten. Ich muss zwar die Inhalte des Glaubens kennen, mich damit auseinandersetzen, mich im Glauben weiterbilden; es ist notwendig, darüber nachzudenken, welche Folgerungen ich aus diesen Glaubensinhalten für mein Leben ziehe. Wichtig aber ist, bei meinem Denken nicht stehen zu bleiben, sondern auch wirklich zu handeln. 

In welchem von den beiden Söhnen erkennen wir uns selbst? Jesus hält uns einen Spiegel vor.

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